Was ist eine Ergotherapie?
Ergotherapie soll Menschen dabei helfen, ihr Leben eigenständiger zu gestalten. Ergotherapeutinnen und -therapeuten helfen zum Beispiel, wenn durch eine körperliche Erkrankung eine Hand oder ein Arm nur eingeschränkt genutzt werden kann. Sie unterstützen aber auch, wenn psychische Belastungen die Bewältigung des Alltags erschweren. Dazu setzen sie verschiedene Übungen und Aktivitäten ein, beraten und schlagen Anpassungen im Alltag vor – immer mit Blick darauf, was wichtig für das tägliche Leben ist. Eine Ergotherapie kann für Menschen jeden Alters sinnvoll sein.
Ergotherapie ist zum Beispiel bei folgenden Krankheiten und Beeinträchtigungen möglich:
- Erkrankungen des Gehirns (wie Demenz, Schlaganfall, Parkinson, Schädel-Hirn-Trauma, multiple Sklerose)
- Lähmungen zum Beispiel infolge einer Rückenmarksverletzung
- psychische Erkrankungen (wie Depression, Angststörung oder Schizophrenie)
- Muskel-, Gelenk- oder Skeletterkrankungen (zum Beispiel Rheuma, Arthrose oder Knochenbruch)
- Amputationen, Prothesen und Gelenkersatz
- Entwicklungsstörungen (zum Beispiel der Motorik, bei Autismus oder bei körperlichen und geistigen Behinderungen)
- Krebserkrankungen
Was beinhaltet Ergotherapie?
Ziel der Ergotherapie ist, die Fähigkeiten zu entwickeln und zu verbessern, die man für ein möglichst selbstständiges Leben braucht. Dazu gehört, für sich selbst zu sorgen und zum Beispiel zu arbeiten – aber auch, die Wohnung zu verlassen und sich mit anderen Menschen zu treffen.
Ergotherapie unterstützt dabei, mit einer (neuen) körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkung umzugehen und den Alltag zu bewältigen. Dadurch kann sie helfen, die Gesundheit und die Lebensqualität zu verbessern sowie am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Auch Angehörige oder andere Bezugspersonen können sich umfassend beraten lassen.
Je nach Beeinträchtigung, persönlicher Situation und Ziel der Behandlung kann eine Ergotherapie Übungen und Angebote beinhalten wie zum Beispiel:
- Training von Alltagsfertigkeiten (anziehen, Essen zubereiten, Haushalt führen)
- Training von Fertigkeiten für Schule, Beruf oder Freizeit
- Entwicklung und Erprobung persönlicher Handlungsstrategien, um eigene Ziele zu erreichen
- Bewegungs- und Wahrnehmungsübungen
- Konzentrations- und Gedächtnistraining
- handwerkliche und kreative Übungen
- Hilfe bei der Tagesstrukturierung
- Anpassung der Wohnung oder des Arbeitsplatzes
- Nutzung von Hilfsmitteln wie Rollatoren oder Prothesen
- Beratung, bei Bedarf auch Anleitung von Angehörigen und Bezugspersonen
Wie läuft die Ergotherapie ab?
Die Behandlungsziele werden möglichst gemeinsam mit der Ergotherapeutin oder dem Ergotherapeuten geplant und ihr Erfolg auch gemeinsam überprüft. Eine Ergotherapie kann nur erfolgreich sein, wenn man sich aktiv beteiligt und das Gelernte im Alltag so oft wie möglich anwendet. Dazu zwei Beispiele:
Beispiel 1
Nach einem Schlaganfall war Herr R. zunächst halbseitig gelähmt, auch das Sprechen fiel ihm schwer. Durch Physiotherapie und Logopädie hat er schon große Fortschritte gemacht – doch er kann seinen rechten Arm noch nicht wieder so einsetzen wie früher, und er ist beim Gehen sehr unsicher geworden. Er braucht deshalb einen Rollator.
Seine Ergotherapeutin zeigt ihm den Umgang mit dem Gerät und übt mit ihm, sich sicher damit fortzubewegen. Damit er mit rechts wieder besser greifen kann und im Alltag zurechtkommt, übt sie mit ihm zum Beispiel Zähneputzen und Schreiben. Zudem bringt sie ihm verschiedene Übungen für seinen Arm und seine Hand bei. Außerdem berät und unterstützt sie das Ehepaar R. dabei, ihre Wohnung so anzupassen, dass sich Herr R. auch mit Rollator sicher darin bewegen kann.
Beispiel 2
Frau P. hat eine Schizophrenie. Dadurch fehlt es ihr an Antrieb, und sie hat starke Konzentrationsstörungen. Es fällt ihr schwer, den Alltag zu strukturieren und zu bewältigen. Sie ist schnell überfordert und sehr unsicher im Umgang mit anderen Menschen.
Zusammen mit ihrem Ergotherapeuten macht sie Konzentrationsübungen. Sie üben gemeinsam, wie Frau P. sich für jeden Tag realistische Ziele setzen kann – beispielsweise einen Einkauf zu erledigen oder eine warme Mahlzeit zu kochen. Mit handwerklichen und gestalterischen Übungen im Rahmen einer Gruppentherapie trainiert sie, Abläufe zu planen und einfache Tätigkeiten umzusetzen. Dabei kann sie auch die Kommunikation und den Kontakt mit anderen Menschen üben.
Wo findet Ergotherapie statt?
Ergotherapie findet unter anderem statt in:
- Krankenhäusern
- Rehabilitationskliniken
- ergotherapeutischen Praxen
- Tageskliniken
- Wohn- und Pflegeheimen
- Frühfördereinrichtungen
- Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
Manche ergotherapeutischen Praxen bieten auch Hausbesuche an.
Ergotherapie wird in der Regel ärztlich verordnet. Die Kosten werden je nach Anlass getragen von
- der gesetzlichen Krankenversicherung,
- der Unfallversicherung,
- der Rentenversicherung,
- der Pflegeversicherung oder
- der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Manchmal muss man die Kosten auch selbst übernehmen oder eine Zuzahlung leisten. Es ist daher sinnvoll, sich vorher bei der eigenen Versicherung zu erkundigen.
Quellen:
Deutscher Verband der Ergotherapeuten (DVE). DVE-Info [Homepage des DVE]. 2024.
Gemeinsamer Bundesauschuss (G-BA). Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen – in Verbindung mit § 12 der HeilM-RL, 2. Teil (Heilmittelkatalog). 2021.
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL). 2023.
World Federation of Occupational Therapists. About Occupational Therapy. 2024.
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